KLUGEKONZEPTE \\ CHRISTINE KOLBE

Formate für die sozial-ökologische Wende.

Transformative Kulturarbeit – radikal sorgfältig planen & gestalten.

Die planetaren Grenzen sind nicht  verhandelbar, aber damit die erforderlichen Veränderungsprozesse akzeptiert werden und auch funktionieren, braucht es einen Kulturwandel. Eine “kulturelle Transformation” vor der “Großen Transformation”.  Eine Transformation der Narrative und vor allem eine Umerzählung der tief eingeschriebenen Narrative von Wohlstand, Erfolg, persönlicher Freiheit und Fortschritt, welche ohne die alles überlagernde große Erzählung vom unendlichen exponentiellen Wirtschaftswachstum (auf einem endlichen Planeten) nicht auskommen. Was liegt da näher, als auf das System ‘Kultur’ zu schauen und ihre zentrale transformative Kraft innerhalb der gesamtgesellschaftlichen Systemtopografie zu skizzieren?

Aber auch: Verantwortungsübernahme und eine klare Positionierung zu fordern. Eine transformativ aufgestellte Kulturlandschaft mit einem ganzheitlichen Bekenntnis zu Nachhaltigkeit – sowohl auf der betrieblichen als auch auf der programmatischen Ebene? Eine künstlerische Praxis also, die sich nicht nur mit Blick auf Materialkreislauf und Klimabilanz messen lässt, sondern die zentralen Fragen der sozial-ökologischen Krisen und ihre Diskurse adressiert. Kulturelle Produktion, welche sozialen Wandel hin zu Gerechtigkeit, Gemeinwohl und einem Wirtschaften innerhalb planetarer Grenzen vorbereitet und möglicher macht. Kulturelle Vermittlung, die gezielt auf transformative Lernreisen setzt und Gelegenheiten schafft, den eigenen Handabdruck zu vergrößern. Kuration, die Bildungsräume innerhalb der Kultur etabliert, die zu einem Handeln ermutigen und befähigen, das Strukturen nachhaltig zum Besseren verändert. 

„Die Transformation, die wir angehen, ist im Kern ein kulturelles Projekt. Machen wir uns nichts vor: Es geht darum, wie wir in Zukunft leben, wer wir in Zukunft sein wollen.“

Maja Göpel – Wir können auch anders: Aufbruch in die Welt von morgen | Berlin 2022

Und viele Kulturschaffende, viele Initiativen, ja auch kulturpolitisch Verantwortliche sind längst dran, sind als Transformator*innen aktiv, die sich den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und gerechtere Gesellschaftskonzepte zur Aufgabe gemacht haben: Es geht um Möglichkeitsräume! Um Utopien, um Orte des Ausprobierens, die Gemeinschaft erlebbar machen, unterschiedliche Perspektiven zulassen und Hegemonien durchbrechen. Um Role-Models der gelungenen Transformation, um gute Nachrichten ebenso wie um Formate mit ausreichend Raum für Emotionen und innere wie äußere Regeneration. Als Gelingensbedingung für den sozial-ökologischen Wandel und wünschbare Zukünfte! Wir brauchen Kultur als systemkritische, transformative Infrastruktur. Und es wäre schön, wenn sich immer mehr Akteure dieser Einsicht anschließen. Wenn von der Leitungs- bis zur Gestaltungsebene mutige Verantwortungsübernahmen sichtbar, sorgfältig Prozessplanung und konkrete Maßnahmen Richtung “mehr transformativ” ergriffen werden. Doch was bedeutet das im Detail und in der Praxis? Was kann als Orientierung dienen? Wo sind die Good Practices? Gibt es eine Systematik, die als Kompass dient? Das Konzept der transformativen Bildung, das die BNE schon seit einigen Jahren ergänzt bzw. ablöst, geben eine wertvolle Matrix an die Hand, aus der sich Bausteine, Leitlinien sowie Kompetenzgruppen und konkrete transformative Praxis in der Kultur herauslesen lassen. Der Blick auf zahlreiche Good Practices lässt darüber hinaus eine Systematisierung zu, an der sich eine transformativ sorgfältige Methodenwahl und Prozessgestaltung auch im Rahmen einer Nachhaltigkeitsstrategie für die Bereiche Programmatik, Vermittlung und Kuration herauslösen lassen. 

Diese Projekt möchte ich in den nächsten Wochen und Monaten mit einer Community of Practise mit Interessierten aus Kultur und Wissenschaft, Künstler*innen und Kurator*innen, mit Praktiker*innen aus dem Kulturbetrieb intensiver vorantreiben – ich habe viele Ideen und bereits erprobte Workshopformate. Wer hat Lust auf Austausch, Feedback und konkrete Prozessgestaltung?